Sonntag, 12. Juli 2015

[Das Wort zum Sonntag] Somewhere in the Middle

Ich versuche, auf dem Boden von meiner Weinschorle das Zugehörigkeitsgefühl zu finden. Aber da ist nix. Könnte auch daran liegen, dass ich kein Weinglas in der Hand halte, sondern einen Halbliter Maßkrug. Oder dass sich eine Limettenscheibe in mein Glas verirrt hat und jetzt traurig am Boden rumdümpelt, weil der Kellner wohl den Unterschied zwischen Hugo und Weinschorle nicht kennt. Die Bierbank gegenüber schunkelt im Takt zur Musik.
»Mogst die ned, die Strietzl?«, fragt mich einer der gestandenen Biertrinker über den verklebten Tisch, »Die sind hald scho a weng laud, gell?«
Ich nicke nur halbherzig. Ja, ja... das liegt alles sicher an den Strietzln, die in ihren roten Westen und mit den weißen Schürzen ganz schön die Kärwa-Bühne rocken. Oder es liegt daran, dass die Situation mich an meine Kindheit erinnert. Und daran, was ich nie gewesen bin.
 
Eins von den coolen Kärwamadln nämlich. Ich hab nicht zu denen gehört, die bis nachts um 10 am Autoscooter abhängen. Nein, neben den blinkenden Disco-Lichtern und den Lautsprechern, die Scooter und Britney Spears über den Schotterplatz der Kirchweih geplärrt haben, war kein Platz für mich. Da bei den Coolen. Eine Geschichte, die sich so sehr wie ein roter Faden durch meine Jugend zieht, dass ich als zweite Konstante nur die Akne anführen kann. Letztere hab ich dank Yves Rocher und Pille inzwischen ja gut im Griff. Für ersteres gibt's aber keine Hormonpräparate, die man schlucken kann, um die Lage zu verbessern. Also hab ich zur Genüge Abende meiner zarten Jugend damit vergeudet, mich zu fragen, warum ich eigentlich nicht dazu gehören kann.

Und jetzt, so gut 12 Jahre später gehör ich immer noch nicht dazu. Nicht zu den Franken der Bucher Kärwa (obwohl mich das jetzt nicht in tiefe Verzweiflung stürzt) und nicht zu den Wirtschaftsstudenten, mit denen ich mir bis vor einem halben Jahr noch den ekelhaft-senfgelben Hörsaal H4 in der WiSo geteilt hab. Zu meinen neuen Kollegen, da gehör ich aber auch irgendwie noch nicht dazu - zu diesen gebildeten Journalisten, die abends auf Vorträge über den Grexit gehen oder sich Karten für den Science Slam kaufen. Und eine von diesen coolen Weltreisenden, die aus Koffern leben und jede Woche woanders aufwachen - wär ich zwar gerne, wär aber einfach auch nix für mich.
Wo gehör ich denn dann jetzt hin, eigentlich?

Ich bin keine richtige Abenteurerin. Ich brauch ein bisschen Komfort, ein kleines bisschen Luxus. Aber nicht so richtig. Ich zieh nen schicken Second-Hand-Laden jeder Michael Kors Tasche vor.
Ich gehör einfach in die Mitte, glaub ich. Ich bin weder das Eine, noch das Andere. Und ich wollte mich dort so gerne wohl fühlen, in der Mitte. Aber ich tu es noch nicht ganz. Es zwickt und zwackt noch. Weil es doch irgendwie langweilig und durchschnittlich klingt.

Is es aber doch gar nicht unbedingt, denk ich mir.
Eigentlich heißt das doch bloß, dass ich meine eigene Gruppe bin, oder? Mit all meinen Facetten. Und das ist in den Zeiten von Hipster-Konformismus und Fake-Individualität ja eigentlich wirklich nix Schlechtes.


EN

I don’t feel like I belong. No matter how hard I clasp my fingers around my glass of wine – there’s no feeling of belonging here. Well… maybe it’s only because these people don’t even know that you never put a lemon into a glass of wine. Ever. The slice is bopping up and down at the bottom of my glass. No, wait, it’s not a glass of wine either. It’s a beer mug of wine. The wooden bench is swinging back and forth because my seat neighbors are swaying to the music. It’s traditional Bavarian brass music. Terrific.
»Don’t you like them, the Strietzels – the band? «, one of the boys – a seasoned beer drinker – asks me, »They are quite loud, no?«
I try a smile. Yeah… I am pretty sure I am only feeling odd and out of place because of the Strietzels‘ music. It’s like being in the matrix. Or like being back in my childhood. 


I’ve never been one of the »swaying to the music«-girls during my teenage years. I was not allowed to sway with the cool kids or to sit beside them at the bumper car ride that was coming to the fair every year. I was listening to Scooter and Britney Spears (sorry, it was the 90s) from afar. Yes, not belonging has been kind of the common thread of my childhood. And acne. But the latter I could just come to grips with by taking the anti-baby pill. The former state was not as easy to improve. Which is basically why I spend too many hours of my youth wondering why I don’t fit into their circle.
         
And now, 12 years later – I still don’t belong there. I don’t belong to the Franconians drinking wine at the annual fair (although that’s not a bad thing I guess) and I don’t belong to the economic students with whom I shared an auditorium for three years. I don’t belong to my new colleagues just yet– these educated journalists who visit science slams and lectures about the Grexit in their free time. Well, and I don’t belong to the group of digital nomads and world travelers that wake up on different beds every week either, although I wish I would. But that’s just not for me.
So the question is: Where do I belong?

I am not the real Indiana-Jones-kind of adventurer. I need some luxury, a nice hotel bed. But I prefer second-hand-shops over all the Michael Kors bags in the world.
It’s the middle where I belong, I guess. I am neither one nor the either. And I always wanted to feel comfortable there, in the middle. Between the cracks. But I just don’t feel comfortable yet. It’s kind of awkward. Unpleasant. And additionally it sounds kind of boring an mediocre.

Is it? Is not belonging anywhere just meaning that nothing special is happening with you? I don’t think so.

Being on the middle means that you are your own group. Your own kind of special person with all these different shades and facets. And is that such a bad thing in times of hipster conformity and fake individuality?

2 Kommentare:

  1. Ich finde das ist ein super schöner Text und du hast ihn toll geschrieben!
    Man muss eigentlich nie in eine richtig Gruppe passen, wenn du mich fragst :) Wenn man für alles die richtige Mischung findet, so dass man sich wohlfühlt, ist das doch optimal <3

    Mir gefällt dein Blog richtig gut <3
    Würde mich freuen, wenn du auch mal bei mir reinschaust :)

    Liebe Grüße
    http://nilooorac.blogspot.de

    AntwortenLöschen
  2. Ich versuche es ein wenig zu sprechen :)

    AntwortenLöschen

Ich freu mich über jeden Kommentar - ob Lob oder Kritik, schreibt mir einfach :)

Popular Posts

© 2011 A DOWNTOWNGIRL'S DIARY, AllRightsReserved | Designed by ScreenWritersArena

Distributed by: free blogger templates 3d free download blog templates xml | lifehacker best vpn best vpn hong kong