Sonntag, 16. November 2014

[Das Wort zum Sonntag] Stress lass nach...

Samstag um halb 10 waren wir bei mir zum Frühstücken verabredet.
Es ist kurz vor 10 und sie ist immer noch nicht da. Der Milchschaum ist inzwischen wieder in sich zusammen gefallen, aber die Brötchen und der Kaffee duften verführerisch. Als es endlich klingelt, ist es Punkt 10. Sie schneit herein, ein bisschen außer Atem und lächelt.
Tut mir Leid, dass ich zu spät bin, aber ich wollte noch Marmelade und Käse mitbringen, zwitschert sie, und schließlich ist ja Samstag, wir haben doch keinen Stress...
Du vielleicht nicht, aber ich!, blaffe ich sie an.

Und im nächsten Augenblick zucke ich, erschrocken vor mir selbst, zusammen. Klar, ich bin gestresst, aber ich bin doch niemand, der Andere anschreit. Erst Recht nicht wegen einer läppischen Verspätung. Und erst Recht nicht meine Freunde. In diesem Moment wird mir klar: Da muss sich was ändern. Ständig unter Strom zu stehen, hält auf Dauer keiner aus.



Wir sind eine Generation, die von klein auf gelernt hat, möglichst viel auf einmal zu erledigen. Die Studium, Nebenjob und wichtige Praktika auf einmal jongliert und die weiß, dass die beste Chance nur derjenige mit dem besten Lebenslauf bekommt - denn gut ist heutzutage ja einfach jeder. Gut reicht nicht. Besser muss es sein.

Wenn man diese Einstellung, dieses Verhalten nicht abschütteln kann, dann wird man zwangsläufig irgendwann auf der Hälfte des Wegs zusammenklappen. Ich habe Freunde um die dreißig, die dank Burn-Out schon monatelang krank geschrieben sind. Ich habe Freunde Mitte zwanzig, die sich ihre Zukunft so schwarz malen, als hätten sie nicht studiert, sondern mit 16 bei Germany's Next Topmodel gewonnen und jetzt 20 Kilo zugenommen.
Ausgebrannt. Angespannt. Wir fallen am Abend um 20 Uhr auf die Couch, unfähig noch irgendwas andres zu tun oder zu denken, als welcher Kanal heute Abend eingeschalten wird.

Ich verbringe den Rest des Samstags mit einem schlechten Gewissen im Nacken.
Und als ich heute Morgen aufstehe, mir einen Kaffee mache und schon meine Unterlagen heraussuchen will, halte ich inne. Heute ist Sonntag. Das war schon immer ein entspannter Tag für mich. Ein Familientag. Und warum sollte ich diese Tradition jetzt brechen, nur weil ich es fünf Menschen auf einmal recht machen will?

Also greife ich stattdessen zu Jonas Jonassons Buch "Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand". Erstens liegt es schon viel zu lange unbeachtet herum und zweitens erscheint die Idee gar nicht so übel - wenn ich nicht im dritten Stock wohnen würde....so nehme ich lieber das Auto und fahre zu meinen Eltern - zwei Croissants und einen Elisenlebkuchen im Gepäck.

Quelle: Zitatekiste


Kennt ihr dieses Gefühl auch, dass man immer noch mehr schaffen und machen muss?
Und wie geht ihr mit dem Stress der heutigen Zeit um?
Wie schafft ihr es, wieder runterzukommen?

6 Kommentare:

  1. Manchmal frage ich mich echt, warumMan sich das alles antut. Warum immer nach mehr streben um irgendwann mehr zu haben und dann weiter, noch mehr zu verlangen...wird man so überhaupt je zu etwas kommen...zum Glück? Warum nicht leben. Abhauen. Was erleben...

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  2. Ohh Du Arme :( Aber so was passiert unter Stress leider. Man muss sich dafür echt ein Ventil suchen beidem man dampf ablassen kann!

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  3. Ja das klingt doch gut :) Es muss etwas sein was Du gerne machst und wonach Du Dich wie neu fühlst :) Bei mir ist das Joggen.

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  4. Super Text, vom Stress darf man sich nicht unterkriegen lassen, auch wenn es (gerade wenn viele Dinge auf einmal zusammen kommen) echt nicht leicht ist. Ich fahre dann auch am liebsten zur Familie. Das Zitat finde ich übrigens richtig toll! :) Liebe Grüße

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  5. Oh wie gut ich das kenn! Schön, dass mal jemand darüber schreibt! Mir gehts da sehr ähnlich, nur dass ich es mittlerweile schon verlernt hab einfach mal nichts zu machen. Ich wünsch es mir immer aber ich bin gar nicht mehr in der Lage dazu. Weil mir am Ende die Stunden des Tages nie ausreichen und ich mittlerweile auch vor 1 nachts gar nicht mehr ins Bett komm, aber um 6 schon wieder raus muss. Und da frag ich mich auch echt wie lang ich das noch pack. Du hast echt vollkommen recht, man muss da irgendwann mal die Notbremse ziehen und an sich denken! Und an die Gesundheit!
    Und da tut auch ein Buch immer mal wieder gut. Das ist mittlerweile das einzige was es noch schafft mich zu packen und wo ich wirklich mal abschalte. Und auch ich hab das viel zu lange nicht mehr gemacht und erst vor 2 Wochen zum ersten Mal seit Monaten wieder danach gegriffen. Dein Buch würd ich auch mal gerne noch lesen. Schon so viel von gehört! Kannst dus empfehlen oder bist du noch nicht weit genug dazu?

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  6. Wow krass... das ist echt ein harter Tagesablauf! Wenn einem die Arbeit Spaß macht, ist das ja hin und wieder mal in Ordnung, aber du hast Recht, irgendwann packt man's einfach nicht mehr - und kann dann nicht abschalten, wenn man doch unbedingt entspannen will. Aber ich glaub, genau das ist das Problem: Man will es genauso, wie man andere Ziele erreichen will... mit Gewalt wenn's sein muss und dann klappt es nicht.
    Bücher funktionieren da einfach am allerbesten zum Kopf frei pusten. Den Hundertjährigen kann ich bisher auch echt empfehlen! Bin noch nicht so weit, aber es ist ziemlich amüsant und flüssig geschrieben, lässt sich gut lesen und die Geschichte ist total abgedreht :D

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