Sonntag, 31. Mai 2015

[Das Wort zum Sonntag] Brauch ich das eigentlich wirklich?

Ich stehe vor meinen Umzugskartons, die Finger kribbeln und ich öffne die braunen Kartondeckel, ziehe die Schätze heraus, die während meiner Abwesenheit auf dem Dachboden verstaut waren. Doch die Freude, die ich erwartet hatte, beim Anblick meiner Kleider, meiner Schuhe, meiner Schals, meiner Jacken, meiner Bücher, meiner DVDs, meiner sämtlichen anderen Sachen zu verspüren - bleibt irgendwie aus. Stattdessen im Hinterkopf die dumpfe Stimme: Krass, hast du viel Krempel! Brauchst du das eigentlich wirklich!?

Ich habe gerne neue Sachen und ich kaufe gerne ein, wenn ich es mir leisten kann, das ist keine Frage. Doch die Frage ist: Kaufe ich mir diese Dinge wirklich, weil ich sie gerne möchte, weil sie mir wichtig sind und etwas bedeuten - oder kaufe ich sie mir, weil mir von Freunden, Bekannten, Werbung und Instagram vorgegaukelt wird, ich bräuchte sie, um glücklich zu sein?

Consumerism heißt das auf Neu-Deutsch, eben das übersteigerte Konsumverhalten, das man an den Tag legt um möglichst Individualität, Identität und Glück darin zu finden. Und natürlich, um sich der Gesellschaft anzupassen.
Die Halbwertszeit von allem, was wir besitzen scheint immer kürzer zu werden. Habe ich früher die alten Hosen noch getragen, bis sie Hochwasser waren, kaufe ich mir jetzt jede Saison Neue. Mit einem neuen Vertrag kommt ein neues Handy und die Schuhe trage ich ja eh nur einen Sommer... dann hab ich mich satt gesehen. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass sich der Konsumismus unserer Zeit nicht nur auf materielle Dinge beschränkt. Beziehungen sind austauschbar, auf Tinder kann ja schließlich ausgewählt werden, wie bei Edeka.Wenn's nicht gefällt? Wird's nicht mehr gekauft. Ist ja noch genügend Auswahl auf Lager.

Wann habt ihr euch das letzte Mal die Mühe gemacht, den Riss in einem T-Shirt zu flicken?
Wann habt ihr das letzte Mal beschlossen, euer altes Handy zu behalten, obwohl es Kratzer hat, statt zwei Jahre lang das neue iPhone6 abzubezahlen?
Wann habt ihr das letzte Mal beschlossen: Ich mag ihn... aber ich renn doch keinem Kerl nach? Und habt es danach bereut, nicht auf Risiko gegangen zu sein...

Denkt mal drüber nach. Mistet euren Schrank aus, füttert euren Kleiderkreisel-Account - und vor allem. Bevor ihr die Kreditkarten durchzieht, fragt euch mal ganz offen und ehrlich: Brauch ich das jetzt wirklich? Oder will ich es nur, weil alle es haben?

Die Hälfte meiner Umzugskartons ist übrigens inzwischen wieder gepackt - mit alten Sachen, mit Sachen die mir nicht mehr gefallen, mit Sachen, die ich nicht mehr brauche. Und die landen jetzt dort, wo sie hoffentlich jemand anders haben möchte - auf dem Flohmarkt, auf Kleiderkreisel und beim roten Kreuz. Da sind sie nämlich besser aufgehoben, als zum Staub fangen bei mir.




EN
I am standing in my flat - cardboard boxes in front of my. With prickling sensation in my fingers, I open the boxes that have been stored at the attic during my time abroad. But strangely, I don't feel the happiness I expected to feel when seeing all my stuff again - all these clothes and shoes and scarves and jackets and books and DVDs... all these things. All I can think of is: Do I really need them?

I mean, I like buying new things if I can afford them. But the questions is: Do I buy these things, because I really want to have them and because they make me happy? Or do I buy them, because I am lead to the belief that I need them to be happy?

Consumerism is the word for our behaviour - consuming for the sake of individuality and identity and happiness. Consuming to be part of the society and of the modern times.
I get the feeling that the half-life of everything we buy is just getting shorter and shorter. When I was a child, I used to wear my pants until I grew out of them. I was wearing my sneakers until the soles had holes. I used to have a Nokia in black and white - for like years. Now I am buying new clothes for every season. I can't stand wearing the old ones for two summers in a row and with a new mobile phone contract comes a new phone as well.
Sometimes I even feel like consumerism started to work against relationships as well. They are disposable, we are replaceable. Tinder and the likes work like a convenience store - if you don't like it, take something else, there's plenty on stock.

When did you fix a ripped shirt for the last time instead of buying a new one?
When did you get new soles for your shoes because they still looked fine instead of throwing them away?
When did you decide for the last time: I like the guy... but I am not going to run after him - and felt bad afterwards?

So before you swipe your credit card next time, just think about it and trust your guts if you ask yourself: Do I really need that now?

2 Kommentare:

  1. Lustig. Gerade eben hab ich in der Flow einen Artikel darüber geledesn. Also über Haben und nicht- Haben.
    Und dann hab ich auch immer das Bedürfniss- alles bei ebay reinhauen, keine Gedanken mehr machen und Geld kassieren.
    Problem: Das Geld landet ja dann doch nur bei H&M - ich bin einfach zu inkonsequent!

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  2. Echt? Witzig, da schwimm ich ja mal auf der Trendwelle :D
    Ich bin da ja auch schuldig im Sinne der Anklage, wenn ich alte Sachen loswerde... zieht halt doch was Neues ein.

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